Thema des Monats Oktober 2022: Geschädigte / Beschädigte / Opfer und Verursachende / Täter und Täterinnen - Opfer leiden oft ihr Leben lang - Wie sieht die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) Geschädigte? - Heiligt der Zweck die Mittel? - "Weitere Eingaben werden nicht mehr beantwortet."- Keine Entschuldigung - Ist die EKD ein Albtraum / Alptraum? - Sind EKD-Gerichte neutral? - Werden Juristen anderer Religionen ausgegrenzt? - "Jetzt kann ich Opfer noch besser verstehen, wie sie von Kirchen nicht ernstgenommen werden" - EINMISCHEN!!!

Manfred Wille
Manfred Wille

Seit rund 50 Jahren führt der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) Wolfsburg Aktionen im Strafvollzug durch – zuerst in der Jugendanstalt Hameln, dann in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wolfenbüttel und jetzt noch im Untersuchungsgefängnis Braunschweig Am Rennelberg, das zur JVA Wolfenbüttel gehört.

Seit rund 50 Jahren setzt sich der CVJM Wolfsburg und seine Verantwortlichen mit der Frage „Vorbeugung / Prävention“ und „Opfer / Geschädigte und Verursacherinnen / Verursacher und Täterinnen / Täter“ auseinander und macht Angebote, um (junge) Menschen diese Problematik näherzubringen. Außerdem bietet der CVJM Wolfsburg auch Aktivitäten an, um (junge) Menschen „von der Straße zu holen“, damit sie nicht straffällig werden, sie Opfer In unserer Gesellschaft wird leider zu wenig über Opfer und Geschädigte gesprochen, die häufig ein Leben lang unter diesen Vorgängen und Schädigungen leiden.

Dieses sehensreiche Engagement war schon in diesem Jahr Thema des Monats März 2022: "Aktionen im Strafvollzug - CVJM Wolfsburg vor 50 Jahren gestartet - Initiative ging von Helmut Neuber vom CVJM Landesverband Hannover aus - viele Gruppen, Schulen, Kirchen, Vereine und Einzelpersonen sind mitgefahren - DANK an Unterstützerinnen und Unterstützer - Opfer vermeiden und Opfer nicht vergessen! - Opfer leiden häufig das ganze Leben! - Vorbeugung ist wichtig!" hier klicken.

 

Der Autor dieses Artikels, Manfred Wille, begleitet dieses Arbeit seit fünf Jahrzehnten. Er hat sich schon während seines Sportstudiums an der Technischen Universität Braunschweig mit Strafvollzug und Resozialisierung befasst und die JVA Wolfenbüttel zu Handballspielen besucht. Manfred Wille ist auch 2012 unter anderem wegen dieser engaierten Arbeit Strafvollzug und Resozialisierung durch den damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden.

 

In der alten Jugendanstalt in Hameln an der Weser kamen Mitfahrende gut mit den Einsitzenden („Knackies“) ins Gespräch. Einmal erzählte ein jugendlicher Einsitzender, dass er mit einer Bank den Oberschenkel eines anderen Jugendlichen zertrümmert habe. Jahre später, als der junge Mann einen Mann mit zertrümmerten Oberschenkel im Krankenhaus traf, konnten die jungen Leute und er überhaupt erst einschätzen, welches Leiden der Einsitzende seinem Opfer zugefügt hatte. Ein anderer Einsitzender aus der JVA Wolfenbüttel sagte einmal: „Wenn die Oma ihre Tasche nicht freiwillig rausrücken will, muss ich die Oma halt zusammenschlagen.“

In der Zeitung und im Internet lesen wir häufig, wie Menschen zu Opfern werden, im Rundfunk hören wir es, im Fernsehen sehen wir es. Stumpfen wir gegenüber Opfern und Geschädigten ab? Lassen wir sie im Stich? Denn – das Leben geht doch weiter! Und die Zeit heilt doch bekanntlich die Wunden!?

In den letzten Jahren sind Religionen stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten, Kirchen sind an den Pranger gestellt worden. Der Umgang mit Kindern, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, mit Kirchen-Mitgliedern sei als Beispiel erwähnt. Angeblich haben Kirchen aus den Vorgängen gelernt und sie aufgearbeitet, damit sie nicht wieder passieren. Stimmt dies?

Ein erschütterndes Beispiel aus der neueren Zeit ist der Umgang mit einem Ehrenamtlichen und Nichtjuristen durch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Es ging um ein mögliches Datenschutz-Vergehen in einem öffentlichen Prozess vor dem Arbeitsgericht. Zuvor hatte die Diakonie einem Vergleich zustimmen müssen, denn sie hatten den „ergebende Fehlbetrag bei der Deutschen Rentenversicherung“ bezahlen müssen. Die Beschwerde wurde vom niedersächsischen Datenschutz nach zwei, drei Jahren an den EKD-Datenschutz (EKD: Was ist Datenschutz für uns? Ich finde den Begriff „Daten-Schutz“ irreführend. Geht es doch in erster Linie um den Schutz von Menschen! Diesem Auftrag muss gerade der kirchliche Datenschutz in besonderer Weise dienen. + Die Würde des Menschen ist unantastbar.“) weitergeleitet. Der Betroffene wehrte sich vehement dagegen, denn die Selbstheilungskräfte in der Kirche sind manchmal „unterbelichtet“. Der EKD-Datenschutz wollte deshalb die Angelegenheit „zu den Akten legen“. Pünktlich zum Pfingstfest kam die Entscheidung: „Der Zweck heiligt die Mittel“. Es ging weiter. Allerdings wurde der Betroffene durch wahrscheinlich falsche Rechtsauskünfte durch EKD-Juristen in ein Verfahren „gelockt" – es gibt wohl keine Fristen bei EKD-Datenschutzverfahren. Das Verfahren war nach Meinung des Betroffenen „kein rechtsstaatliches Verfahren“. Er fühlte sich als Ehrenamtlicher diskriminiert – nach den Corona-Monaten wollte er einfach die „Seele baumeln lassen“. Auch als Nichtjurist fühlte er sich benachteiligt, da er in der Kürze der Zeit sich keinen Rechtsanwalt suchen konnte - ein Antrag zur Terminverlegung wurde abgelehnt. Die EKD hat bei Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten merkwürdige Vorstellungen, denn schon bei Datenschutzverfahren dürfen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte anderer Religionsgemeinschaften (gelebter interreligiöser Dialog?) Betroffene nicht vertreten. Das öffentliche Verfahren in den EKD-Räumlichkeiten war heftig. Es hing zwar ein Kreuz an der Wand und es gab ein „geistliches / Bibelwort zur Verhandlung“ – aber gelebt wurde es nach Auffassung des Betroffenen nicht. Ein Befangenheitsantrag wird als "missbräuchlich" abgelehnt - nicht als "unbegründet". Was für ein Verständnis von "Rechtsstaatslichkeit"? Vom Vorsitzenden und EKD-Datenschutz wurden Daten ausgebreitet - sogar von unbeteiligten Dritten (Beichtgeheimnis?). Schon zuvor waren Schreiben an den damaligen EKD-Ratsvorsitzenden und den EKD-Präsidenten von ihnen nicht beantwortet worden bzw. es wurde auf gerichtliche Verfahren hingewiesen. Auch danacn fühlte sich die EKD-Spitze nicht verantwortlich. Der EKD-Präsident schiebt die Zuständigkeit weit von sich, schickt aber einen Belanglos-Brief zum Samstag (Sonntagsruhe?), die neue EKD-Ratsvorsitzende antwortet nicht ebenso wie die Vorsitzende des Kirchenparlamentes. Der zuständige Vorsitzende Richter tritt zwar nach einer Dienstaufsichtsbechwerde zurück (Schuldeingeständnis?) - aber die EKD entschuldigt sich nicht. Sieht so Barmherzigkeit aus? Der Präsident der EKD-Kirchengerichte ruft den Betroffenen Zuhause an und will ihn von weiteren Schritten abhalten. Will der EKD-Anwalt durch eine "Schock-Mahnung" am Samstag-Nachmittag, wenn Arztpraxen, Rechtsanwaltsbüros, Beratungsstellen geschlossen sind, doppelt abkassieren?  "Anwaltstrick"? Die EKD-Kirchengerichte schreiben - und damit auch die EKD - dem Betroffenen: "Weitere Eingaben werden nicht mehr beantwortet." Hartherzig? Ein Landesbischof bemüht sich aber. Mal sehen!? "Jetzt kann ich Opfer noch besser verstehen, wie sie von Kirchen nicht ernstgenommen werden", stellt der Betroffnen entäuscht und geschockt fest.

Am Ende sei noch erwähnt, dass es viele Menschen in der Kirche gibt, die sich Tag für Tag für andere Menschen engagieren und aufopfern. Sie leiden besonders unter den Missständen in Kirchen, da sie für irgendwelche Hauptamtlichen verantwortlich gemacht werden. So hat ein angehender Pastor in den siebziger Jahren Unruhe in eine Kirchengemeinde gebracht. Selbst als er nicht mehr in der Gemeinde war, waren die Folgen zu spüren, Hauptamtliche stritten sich und zogen Ehrenamtliche auf ihre jeweilige Seite. Stress war angesagt, unter dem die Gemeinde jahrelang litt / leidet. Jetzt stellt sich heraus, dass wohl dieser Pastor ungebührlichen Kontakt mit Konfirmandinnen gehabt haben soll. Mal sehen, ob sich der zuständige Kirchenkreis entschuldigt? Oder in Rumänien schlägt ein ehemaliger Superintendent einen ehemaligen Diakonie-Mitarbeiter hinterrücks volle Pulle auf die Schulter, obwohl der ehemalige Diakonie-Mitarbeiter nichts mit ihm zu tun haben wollte und sich weggedreht hatte. Die Landeskirche sieht dies als freundschaftliche Begrüßung an! Wie sieht dann für diese Landeskirche eine unfreundliche Begrüßung aus? Oder ein anderer Diakonie-Mitarbeiter in aktiver Altersteilzeit musste fast drei Jahre ins Büro kommen, ohne dass ihm Arbeit zugewiesen worden ist.

Hier müssten eigentlich auch Kirchenverantwortliche aktiv werden. Das Motto eines Kirchentages hieß „sich einmischen“. Aber auch in anderen Lebensbereichen und gesellschaftlichen Gruppen wäre es sinnvoller, sich stärker „EINZUMISCHEN“. Damit es weniger Opfer und Geschädigte gibt!