"Ehrenamtliches und freiwilliges Engagement - Gewinnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter": Sitzung des Hauptausschusses der Sportjugend Niedersachsen im LandesSportBund 2013 in Hannover

Ein Gedankenblitz von Manfred Wille:

"Wie motiviere ich (junge) Menschen für ein ehrenamtliches Engagement

Der Vorstand der Sportjugend: Karl-Heinz Steinmann (von links), Yanneck Keßel, Hajo Rosenbrock, Manfred Wille, Thomas Dyszack und Arne Labitzke
Der Vorstand der Sportjugend: Karl-Heinz Steinmann (von links), Yanneck Keßel, Hajo Rosenbrock, Manfred Wille, Thomas Dyszack und Arne Labitzke

Das Vermögen von Ehrenamtlichen wird nicht reduziert, wenn man es mit anderen teilt.“ Bundespräsident Joachim Gauck (03.12.2012)

 

Ich bin ein Flüchtlingskind, ein Republikflüchtling, der vor Mauerbau 1961 als Kind geflüchtet worden ist. Dies kam mir wieder voll ins Bewußtsein, als ich unten im Foyer des LSB-Gebäudes die Ausstellung über geflüchtete Sportler aus dem Osten gesehen habe. Vielleicht ist die Flucht auch ein Beweggrund für mein soziales und ehrenamtliches Engagement.  Mit gut 13 Jahren bin ich Jungscharleiter (Kindergruppe) im CVJM geworden (1967). Weitere Tätigkeiten im Christlichen Verein Junger Menschen  Wolfsburg - zurzeit Vorsitzender, CVJM Landesverband Hannover, CVJM Deutschland, CVJM Europa, Mitarbeit im Stadtjugendring, Wolfsburger Sportjugend, LandesSportBund Niedersachsen, Sport für alle/Integration durch Sport, Kirchenvorsteher, Mitglied im Kirchenkreistag, Vertrauensperson für Schwerbehinderte, Mitarbeitervertreter und weitere Organisationen

 

Jungschar, Bauspielplatz, Strafvollzug, Opfer, Täter, Integration, Sozialsport, Zeltlager, Konferenzen, Tagungen, Referate, Veröffentlichungen in Zeitungen, Fachzeitschriften und Büchern, Turniere, Meisterschaften, offene Arbeit, Gruppenarbeit, Arbeit im ACJ Madrid/Spanien, YMCA Worcester/USA, KFUM/KFUK Stockholm/Schweden, internationale Freizeiten und Aktionen, Frieden und Toleranz, Konfirmandenunterricht, Kirche und Sport, CVJM-Freizeitgelände, Punktspiele, Netzwerkarbeit, Spendenaktionen, Arbeit mit Straßenkindern, Gremien, Schulen, Arbeitsgemeinschaften, Stadtteilfeste, Kirchenfeste, Westhagen spielt, Erlebnissport, offene Sportarbeit, deutsche Einheit, Arbeit mit jungen Erwachsenen, Gottes Wort und Sport, Bibeln und Beten

 

Mir hat das Ehrenamt im Leben viel gegeben – es war eine prima Horizonterweiterung und mehr Lust als Last, besonders das CVJM-Motto „Leib, Geist, Seele“ ist eine große Bereicherung für mein Leben.

 

Bei der Podiumsdiskussion: Marco Lutz (von links), Arne Chorengel, Hajo Rosenbrock, Manfred Wille, Christoph Moll und Bianca Grewe
Bei der Podiumsdiskussion: Marco Lutz (von links), Arne Chorengel, Hajo Rosenbrock, Manfred Wille, Christoph Moll und Bianca Grewe

Soll ich mich ehrenamtlich engagieren?

 

Auf der einen Seite sollten sich (junge) Menschen überlegen, was bringt ein Ehrenamt für mich, für meine Weiterentwicklung, für mein weiteres Leben?

 

Auf der anderen Seite müssen sich Vereinsverantwortliche und Vereinsmitglieder fragen, warum will ich Ehrenamtliche für unseren Verein haben?

 

Gerade in der Diskussion um „Neubürger“ (ihr sagt „Migranten“) kann das Ehrenamt eine große Hilfe für „Hinzugezogene“ sein, sich in der neuen „Heimat“ besser einzuleben und für „Einheimische“, die „Neuen“ besser zu verstehen.

 

Viele Aspekte werdet ihr schon kennen, dann fühlt euch bestätigt, dass ihr auf dem „richtigen“ Weg seid.

 

Stichworte sind zum Beispiel:

 

  • Kontakte knüpfen

  • Vereinsleben kennenlernen

  • Vereinsstrukturen kennenlernen

  • Lernen für die ganze Familie

  • gemeinsame Feste

  • gemeinsame Aktionen,

  • gemeinsame Punktspiele und Turniere

  • Mitarbeit bei Aktionen und Aktivitäten

  • Durchsetzungsvermögen lernen

  • Höflichkeit und Respekt lernen

  • demokratische Spielregeln akzeptieren und respektieren

  • Regeln kennenlernen und leben

  • Anerkennung erfahren

  • Geben und Nehmen

  • Gruppen und Vereine unterstützen

  • eigene Meinung entwickeln

  • Parallel-Gesellschaften?

  • andere Sichtweisen lernen

  • andere Traditionen kennenlernen

  • neue Heimat durch Fahrten kennenlernen

  • Einblicke in die neue Gesellschaftsstruktur

  • Sprache/informelle Sprache erlernen

  • Bereicherung für Vereine

  • andere Sichtweisen in Vereinen

  • Organisationstalent entwickeln

  • Lernen durch „kleine Tätigkeiten“

  • Einblicke, die Neubürger sonst nicht erhalten

  • Bildung und Fortbildung

  • Betreuung von jungen und älteren Menschen

  • Einbringen von Fähigkeiten aus dem Herkunftsgebiet

  • Einbeziehen von „Einheimischen“ ins Vereinsleben

  • Einbeziehen von „Einheimischen“ in den Punktspielbetrieb

  • Verantwortung übernehmen

  • Probleme lernen zu lösen

  • Lernen, mit anderen Gruppen zusammenzuarbeiten

 

Delegierte hören aufmerksam zu
Delegierte hören aufmerksam zu

Was sollte beachtet werden?

 

  • Kultur der Nachhaltigkeit bei der Betreuung von und mit Ehrenamtlichen

 

  • nicht jeden Trend in Bezug auf Ehrenamtlichkeit im Verein mitmachen, eigene Positionen im Umgang mit Ehrenamtlichen im Verein entwickeln

  • Vorschläge von Ehrenamtlichen und gegenüber Ehrenamtlichen im Verein Ernst nehmen und auch durchsetzen

  • (gute) Ergebnisse von anderen Gruppen auf die eigene Situation im Verein umsetzen

  • fairer und ehrlicher Umgang mit Ehrenamtlichen im Verein

  • Durchhaltevermögen im Umgang mit Ehrenamtlichen im Verein haben

  •  

 

  • Kultur der Anerkennung und Unterstützung von Ehrenamtlichen

 

  • (mögliche) steuerliche Nachteile gegenüber Ehrenamtlichen beseitigen (gleiche Tätigkeit als Hauptamtlicher und Ehrenamtlicher - Musiklehrer, Leiter eines Kinderchores usw.)

  • (mögliche) Probleme durch das Arbeitszeitgesetz (48 Arbeitsstunden pro Woche)

  • Kümmerer“ nicht enttäuschen: Wir haben in Wolfsburg-Westhagen - ein multi-kulti Stadtteil im Bund-Länder-Programm "Soziale Stadt" - die Situation gehabt, dass neben unserer seit zehn Jahren bestehende Sozialvolleyballgruppe/Freizeitvolleyballgruppe am selben Tag, zur selben Uhrzeit und in die selbe Halle eine andere Freizeitvolleyballgruppe ohne Not und Rücksprache gelegt worden ist. Die "Kümmerer" haben aufgehört, die Volleyballgruppe ist aufgelöst worden

  • Ehrenamtliche nicht „überfordern“ (aber auch nicht „unterfordern“) - Ehrenamtliche also nicht an „Profis“ messen.

  • Verständnis für die Lebenssituation von Ehrenamtlichen: Prüfungsstress bei Schülern und Studenten, Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe, familiäre Situation zum Beispiel die Betreuung von älteren Familienmitgliedern

  • Lob und Dank gegenüber Ehrenamtlichen: Dankeschön-Kegeln, Dankeschön-Pokale, Mutmach-Postkarten, Dankeschön-Postkarten, (YMCA)-T-Shirts aus der ganzen Welt, Glasbilder für Unterstützer usw., usw.. Bitte auch an hauptamtliche Unterstützer. (Bitte Steuer beachten!) Bei diesen Gesten geht es häufig nur um die „Symbolik“, um die "Anerkennung"!

  • Kranken(haus)besuche bei erkrankten Ehrenamtlichen (und anderen Gruppenmitgliedern), Telefonanrufe

  • Erwähnung von Ehrenamtlichen !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!: bei Veranstaltungen, in Zeitungsartikeln, im Internet, Teilnahme bei Spendenübergaben, Unterschreiben von Urkunden, Fotos usw., usw.

  • Bildung und Weiterbildung für und von Ehrenamtlichen: Wir bezahlen (noch) bei uns die Rechnung für Fortbildungen unser „Kümmerer“.

  • Austausch von Informationen unter Ehrenamtlichen und gegenüber Ehrenamtlichen (Erstellung von Datenbanken, zum Beispiel „Sport integriert Niedersachsen“ + Best-Practice-Beispiele)

  • Ehemalige Ehrenamtliche nicht vergessen: CVJM-Landesverband Hannover bietet jedes Jahr Reisen „Auf eigenen Füßen die Welt erkunden “ in Deutschland und Europa an

  • Und auch einmal ein bisschen „crazy“ sein!!!!!!!!!!!!

  •  

 

  •  Kultur des „Grenzensetzens“ bei Ehrenamtlichen und gegenüber Ehrenamtlichen

 

  •  Vereinsziele beachten (Außendarstellung des Vereins beachten)
  • Verantwortung

  • Zuverlässigkeit

  • Pünktlichkeit

  • Eigentum

  • Verhalten (gegenüber Schutzbefohlenen)

  • keine Parallel-Gesellschaften“ bilden

  •  

 

  • Kultur des Umganges von Vereinen, Gruppen und Kirchen in Bezug auf Ehrenamtliche

 

  • kein „Abwerben“ von Ehrenamtlichen zwischen Vereinen
  • lieber (sinnvolle und notwendige) Netzwerke bilden, um gemeinsam für das Ehrenamt zu werben (1998: Werbung für die Freiwillige Feuerwehr!!!)

  • Vereinsübergreifende Betreuung von Ehrenamtlichen?! (Sportjugend, Stadtjugendring, CVJM-Landesverband usw.)

  • Informationsaustausch zwischen den Gruppen und Ehrenamtlichen?!

  • gemeinsames Erstellen von Veranstaltungskalendern in Stadtteilen, Städten und Regionen

  •  

 

Als ich jetzt in den Herbstferien in Chiang Mai/Nordthailand über den Nachtbasar bummelte, sah ich ein Glasbild mit einem Ball spielenden Elefanten. Als ich näher ging, sah ich den Ball – ich traute meinen Augen nicht mehr. Der Ball sah so aus wie SJ – also Sportjugend. Ich habe alles gesetzt: mein Geld, die Kreditkarte. Und dann hatte ich endlich das Glasbild vom thailändischen Künstler Sayon Kaew-Lerng.

 

Dieses Einzelstück ist für die niedersächsische Sportjugend als Dankeschön für die vorbildliche Unterstützung in den letzten Jahrzehnten der sozialsportlichen Aktivitäten des CVJM Wolfsburg.

 

Aber halt! Wir sehen auf dem Elefanten einen Elefantenführer. Wer ist wer? Sind die Ehrenamtlichen der Elefant, der die Hauptamtlichen trägt? Oder sind die Hauptamtlichen der Elefant, der die Ehrenamtlichen trägt? Oder tragen einmal die Ehrenamtlichen die Hauptamtlichen und dann wieder die Hauptamtlichen die Ehrenamtlichen? Oder ist der Elefant die Sportjugend, und er trägt den Erwachsenensport? Oder tragen die Erwachsenen (LandesSportBund) die Sportjugend? Oder ist es einmal so und einmal so? Oder sind die Ehrenamtlichen, die sozial Engagierten der Elefanten, die die Politik tragen? Oder trägt die Politik die Ehrenamtlichen? Oder tragen einmal Ehrenamtliche, sozial Engagierte die Gesellschaft, und dann trägt die Gesellschaft - falls es notwendig ist (und dies ist häufig der Fall) - Ehrenamtliche, sozial Engagierte?

Am Ende noch etwas zum Schmunzeln: Leib, Geist, Seele, Musik, Sport, Basteln, Werken, Singen, Theater spielen, Diskutieren, Bildung usw. sind eine gute Schutzimpfung gegen Schwierigkeiten, gegen Unbillen des Lebens - besser als Knoblauch!!!!!!!!!!!! Aus dem Grund brauchen wir Ehrenamtlichen unser Licht nicht unter den Scheffel in unserer Gesellschaft zu stellen!

 

Bei der Erarbeitung des "Gedankenblitzes" haben mich Frederik Boog vom Stadtjugendring Wolfsburg und Frank-Michael Mücke von der Sportjugend Niedersachsen/LandesSportBund Niedersachsen unterstützt und wichtige Impulse gegeben. DANKE!